Verbandsverantwortlichkeitsgesetz

Basisdaten
Titel: Verbandsverantwortlichkeitsgesetz
Langtitel: Bundesgesetz, mit dem ein
Verbandsverantwortlichkeitsgesetz erlassen wird
und mit dem das Mediengesetz,
das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz,
das Patentgesetz, das Markenschutzgesetz 1970,
das Halbleiterschutzgesetz, das Musterschutzgesetz 1990
und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden
Abkürzung: VbVG
Typ: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Republik Österreich
Rechtsmaterie: Sonstiges Strafrecht
Fundstelle: BGBl. I Nr. 151/2005
Letzte Änderung: BGBl. I Nr. 26/2016
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

Das österreichische Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG, auch Unternehmensstrafgesetz) kodifiziert ein Unternehmensstrafrecht, das die Haftung eines Verbandes für Straftaten ihrer Entscheidungsträger und Mitarbeiter regelt, wenn Pflichten verletzt wurden, die den Verband betreffen. Für die Entscheidungsträger ist es weitreichender als für weisungsabhängig oder genötigt handelnde Mitarbeiter (§ 3 Z.2,3 VbVG).[1]

Verband im Sinne des VbVG

Verbände im Sinne dieses Gesetzes[2] sind (§ 1 Z.2 VbVG):

Zu den Verbänden gehören also:[1]

  • Aktiengesellschaften
  • GmbH
  • Stiftungen
  • Vereine[2]
  • Genossenschaften
  • Personengesellschaften
  • Erwerbsgesellschaften
  • Parteien

Keine Verbände in Sinne des Gesetzes, und damit nicht der Verbandsverantwortlichkeit unterworfen, sind (§ 1 Z.3 VbVG):

  • die Verlassenschaft
  • Bund, Länder, Gemeinden und andere juristische Personen, soweit sie in Vollziehung der Gesetze handeln
  • anerkannte Kirchen, Religionsgesellschaften und religiöse Bekenntnisgemeinschaften, soweit sie seelsorgerisch tätig sind

Funktion der gesetzlichen Verbandsverantwortlichkeit

Bei diesem Gesetz ist die Sorgfaltspflicht in den Vorrang gestellt, ein Organisationsverschulden – wie etwa in Deutschland – wurde verworfen.[1] Dabei kann eine Verbandsgeldbuße ausgesprochen werden, wobei „Verantwortlichkeit eines Verbandes für eine Tat und die Strafbarkeit von Entscheidungsträgern oder Mitarbeitern wegen derselben Tat“ (§ 3 Z.4 VbVG) einander nicht ausschließen, also der Verband als juristische Person und die natürliche Täterperson gleichermaßen zur Verantwortung gezogen werden können.

Verfassungsmäßigkeit

Ein oberösterreichisches Unternehmen, das 2015 vom Straflandesgericht Wien gemäß VbVG verurteilt worden ist, hat einen Antrag auf Gesetzesprüfung eingebracht, mit dem Ziel, das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.[3] Am 2. Dezember 2016 hat der Verfassungsgerichtshof die Aufhebung (von Teilen) des VbVG abgelehnt.[4]

Literatur

  • Einhard Steininger: Verbandsverantwortlichkeitsgesetz. Lehrbuch. Linde Verlag, 2. Auflage, 2018. ISBN 978-3-7073-3734-1
  • Verbandsverantwortlichkeitsgesetz 2005 i.d.g.F, ris.bka
  • Walter Fuchs, Reinhard Kreissl, Arno Pilgram, Wolfgang Stangl: Generalpräventive Wirksamkeit, Praxis und Anwendungsprobleme des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG). Eine Evaluierungsstudie Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie Wien, 2011
  • Christoph Herbst, Norbert Wess: Das VbVG und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen ZWF 2015, S. 118–123

Einzelnachweise

  1. a b c Ronald Escher: Firmentreue bis ins Kriminal. In: Salzburger Nachrichten. 30. Juli 2008, Gericht & Recht, S. 12. 
  2. a b nach Vereinsgesetz 2002 § 1 Abs. 5 sind abweichend davon nur Verein zur Verfolgung gemeinsamer Interessen als verband bezeichnet
  3. Renate Graber: Verfassungsrichter prüfen Unternehmensstrafrecht Der Standard, 21. März 2016
  4. Erkenntnis G 497/2015-26, G 679/2015-20 des Verfassungsgerichtshofs, abrufbar im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich (RIS).